Feuer

Für die Kunst gibt es kein Alter – man kann auch mit 80 seine schöpferische Kraft entdecken und zum Leuchten bringen. Ich hatte vor vielen Jahren eine Reportage über eine russische Oma irgendwo weit im Norden gesehen, die mit 83 angefangen hat naive Bilder zu malen. Ihre Welt war völlig in Ordnung: zufrieden, rund und bunt. Ist das nicht sie schönste Art seine weisen Tage zu verbringen?

Der Quilt auf dem Titelbild stammt von Terry Grant. Sie ist 67  und hat die Textilkunst erst vor 10 Jahren für sich entdeckt. Mit diesem Werk nimmt sie an der Ausstellung „Elemente“ im Cultural Arts Center in Oregon, Northwest, USA teil. Sie erzählt in einem Interview, dass die Natur sie täglich aus dem Fenster grüßt, während sie in ihrem kleinen Studio über zwei Nähmaschinen herrscht und Musik hört. Bei dem Thema „Elemente“ musste sie an das Lagerfeuer denken, das sie so liebt. An die Bewegung der Flammen gen Himmel – in ihren verschiedenen Formen und Farben, flatternd in der Dunkelheit wie Schmetterlinge. Auf dem Quilt hat sie diesen Zauber  der Glut und des hitzigen Lichts wunderbar eingefangen – es ist kein Stillleben, das sie erschaffen hat, sondern ein höchst lebendiges Gemälde, voller Bewegung, Farben und Tiefe.

Auch Elizabeth Bamberger, ursprünglich aus England, entdeckt ihr Talent erst spät. Die 71-Jährige bildet auf ihrem Werk die Felsen in der Wüste ab. Mit Stoff und Faden. Ihre Striche sind weich und großzügig.

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Ich hätte gerne einen näheren Blick auf diesen Quilt geworfen, um die winzigsten Details entdecken zu können, die die Farben so wunderbar miteinander vermischen, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Stofffetzen einfach verschwinden.

Ich hege höchsten Respekt vor Textilkünstlern, vielleicht weil ich mich in Details eher verlieren würde. Und immer wieder muss ich den Hut vor der menschlichen Fähigkeit ziehen, Wunder zu erschaffen – mit Inspiration, Stoff und zwei flinken Händen.